LG Frankfurt (Oder), Urteil vom 18.05.2018, AZ: 12 O 255/16
Hintergrund
Die Parteien streiten insbesondere um die Erstattung von Gutachterkosten nach einem Verkehrsunfall aus dem Jahr 2015. Der Kläger rechnet den Schaden am streitgegenständlichen Fahrzeug fiktiv auf Gutachtenbasis ab. Für die Erstellung eines Schadengutachtens stellte der Gutachter insgesamt 896,55 € in Rechnung.
Das streitgegenständliche Fahrzeug bereits hatte 2011 einen Unfall erlitten, der Schaden wurde damals fachgerecht instand gesetzt. Die Reparaturkosten beliefen sich auf 13.577,00 € brutto. Den Vorschaden erwähnte der Kläger dem jetzigen Gutachter gegenüber nicht.
Der beklagte Haftpflichtversicherer verweigert die Übernahme der Gutachterkosten und führt an, dass das Gutachten durch Verschweigen der Vorschäden durch den Kläger unbrauchbar sei.
Die Beklagte kürzte zudem die kalkulierten Reparaturkosten und verweigerte die Zahlung einer merkantilen Wertminderung in Höhe von 500,00 €.
Aussage
Nach Ansicht des LG Frankfurt muss der Haftpflichtversicherer die Kosten für das Schadengutachten nicht übernehmen.
Zwar sei das Gutachten geeignet, den geltend gemachten Sachschaden zu begründen. Ausnahmsweise sind nach Auffassung des erkennenden Gerichts die Kosten für die Erstellung des Gutachtens jedoch nicht vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer zu tragen, da der Kläger den Gutachter offenbar nicht über die Vorschäden informiert hat. Dies gilt auch, obwohl der Unfallschaden von 2011 sach- und fachgerecht repariert wurde. Zur Begründung führt das Gericht aus:
„Denn dann tritt das ein, was vorliegend geschehen ist. Die Versicherung wird veranlasst, nicht zuletzt aufgrund ihres Datenaustauschsystems „HIS“, Ermittlungen anzustellen und die Schadenregulierung zunächst zu verweigern. Das tat sie nach ihrem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Klageerwiderung auch noch mit gutem Grunde und dies auch ausführlich begründet [Der Kläger hatte nach erfolgter Reparatur im Jahr 2011 der Versicherung, berechtigter Weise die Nachbesichtigung verweigert. Anm. d. Red.] Das vorgerichtlich eingeholte Schadengutachten verfehlt daher völlig seine prozesserleichternde Funktion, wenn, wie hier, ein Vorschaden, der, was sich aus der Replik und den hiermit vorgelegten Unterlagen schlussfolgern lässt, bekannt war, aber verschwiegen wird. Damit war es zur Schadenermittlung und Prozessführungsvorbereitung auch nicht mehr notwendig und mithin sind die Kosten für dieses Gutachten kein ersatzfähiger Schaden mehr.“
Auch ist nach Ansicht des LG Frankfurt keine weitere Wertminderung zu zahlen. Im Jahr 2011 hatte der Kläger einen Ausgleich für die merkantile Wertminderung in Höhe von 1.000,00 € erhalten. Mittlerweile hat das streitgegenständliche Fahrzeug eine Laufleistung von 100.000 km, es ist zudem über 10 Jahre alt. Eine Zahlung weiterer Wertminderung ist damit nicht angezeigt.
Praxis
Wenn vom Geschädigten Vorschäden verschwiegen werden, kann ein Schadengutachten unbrauchbar werden. Ist dies der Fall, so hat der Geschädigte bzw. dessen Haftpflichtversicherer die Kosten für die Erstellung des Schadengutachtens nicht zu übernehmen.
Quelle: BVSK